Schmiede Laake in Spelle-Varenrode

Bau- und Handwerksgeschichtliche Dokumentation

 

Erstellt durch das Emslandmuseum Lingen

 

Dr. Andreas Eiynck

 

April 2002

 

Zur Geschichte der Schmiede Laake

Seit dem 19. Jahrhundert betrieb die Familie Laake in Varenrode eine Dorfschmiede, die hauptsächlich als Hufschmiede arbeitete. Der Einzugsbereich umfasste Varenrode, Heitel und Moorlage sowie die nähere Umgebung.

Die Pferde wurden draußen vor der Schmiede angebunden und dort beschlagen. Der Weg verlief damals noch zwischen dem Haus und der Schmiede. Oft stand der ganze Weg voll mit Pferden und Wagen. Auch Pferdewagen wurden bei Laake repariert, insbesondere wurden die vom Stellmacher angefertigten Holzräder mit eisernen Reifen, Narben und Achsen versehen. Große Räder wurden in einer Wiese nördlich der Schmiede bereift. Dort war auch ein Teich zum Abkühlen der Reifen vorhanden. Kleinere Räder, etwa von Handwagen und Schiebkarren, wurden in der Schmiede bereift.

Neben der Huf- und Wagenschmiede wurden bei Laake auch Eisengeräte für Haus und Garten angefertigt und repariert, z.B. Sensen, Harken, Hacken, Schaufeln, Herdgeräte usw.

Im zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit war das Flicken von Töpfen eine weitere Aufgabe, da die Kunden keinen Ersatz für beschädigte Töpfe bekommen konnten.

Der genaue Umfang der Arbeiten und die Kundenkreise gehen aus den erhaltenen Rechnungsbüchern und Geschäftsunterlagen der Zeit ab etwa 1935 im Hofarchiv hervor.

 

Unter Schmiedemeister Hermann Laake (+ 1946) bildete die Schmiede den Haupterwerb der Familie, die Landwirtschaft erfolgte im Nebenbetrieb. Der Sohn August Laake (+ 1973) setzte die Schmiede noch fort, doch mit dem Aufkommen von Traktoren und Landmaschinen ging die Auftragslage deutlich zurück, so dass nun die eigene Landwirtschaft ausgebaut wurde. In den 1960er Jahren kam der Betrieb weitgehend zum Erliegen.

Das Schmiedegebäude und seine Einrichtung blieben über fast 50 Jahre praktisch unberührt erhalten.


Baubeschreibung

Die Schmiede auf dem Hof Laake umfasst auf einem Grundriss von etwa 7 x 7 Metern einen Werkstattraum von knapp 50 m2 Grundfläche. Der schmale südliche Anbau, das frühere Eisenlager, war ursprünglich länger als heute und wurde nach einem Teileinsturz vor etlichen Jahren eingekürzt.

Kernbau der Schmiede ist ein Fachwerkbau aus dem 19. Jahrhundert. Das Kerngerüst und sämtliche Außenwände bestanden ursprünglich aus Fachwerk. Am Nordgiebel ist dieses Fachwerk noch weitgehend erhalten, auf beiden Traufseiten finden sich noch Fachwerkreste. Das Innengerüst ist nicht als einheitliches Fachwerkgefüge gezimmert, sondern komplett aus Althölzern zusammengesetzt. Das Gerüst zeigt eine Zweiständerkonstruktion mit eingehälsten Deckenbalken und schmalen Abseiten mit hohen Außenwänden.

 

In der Zeit um 1900 wurden der Südgiebel und große Teile der Westseite in massivem Backsteinmauerwerk erneuert. Die Fachwerkkonstruktion wurde in diesem Bereich vollständig entfernt. Das Fachwerk an der Ostseite wurde nach dem Ersten Weltkrieg teilweise durch eine massive Wand aus Kalksandsteinen ersetzt.

 

1939 stellte Hermann Laake einen Bauantrag zum Einbau eines massiven Schornsteins rechts neben der Esse. Darin heißt es: „Ich beabsichtige in meiner Schmiede den alten auf Holz geschleiften Schornstein abzubrechen und durch einen neuen besteigbaren Schornstein zu ersetzen“. Der Einbau dieses Schornsteins kam aber nicht zur Ausführung, so dass der alte, auf einem Holzrahmen über der Esse ruhende Schornstein bis heute erhalten ist.

In den letzten 60 Jahren wurden an dem Gebäude, mit Ausnahme des Teilabbruchs des südlichen Anbaus, keinerlei bauliche Veränderungen mehr vorgenommen.

 

Der Fußbodenbelag besteht im nördlichen Teil aus Estrich, im südlichen Teil aus Ziegelpflaster.

Der Deckenbelag besteht in beiden Abseiten aus untergenagelten Holzpaneelen, im südlichen Teil aus einem Bretterbelag auf den Deckenbalken und im nördlichen Bereich aus einem Belag aus Spaltbohlen mit einer darauf aufgetragenen Lehmschicht, die vermutlich zur Wärmeisolierung diente.

 

Der annähernd quadratische Innenraum ist in verschiedene funktionale Bereich gegliedert. Der südliche Teil diente als eigentliche Schmiede mit der Schmiedeesse und den Ambossen sowie der Radreifenwerkstatt. Im nördlichen Teil standen die Werkbänke mit den Schraubstöcken, die Bohrmaschine sowie die Schleifsteine für die kalte Eisenbearbeitung.

 

Die Schmiede Laake ist eines der wenigen erhaltenen alten handwerklichen Betriebsgebäude im südlichen Emsland. Sie dokumentiert das eng mit der Landwirtschaft verbundene Landhandwerk, das bei geringem Einsatz von Maschinen und Kapital dennoch eine gute handwerkliche Arbeit Lieferte. Einfallsreichtum und Improvisationstalent bestimmten den Alltag des Landhandwerkers. Dies wird durch die authentisch erhaltene Einrichtung der Schmiede Laake mit ihren vielen eigengefertigten Werkzeugen sehr gut veranschaulicht.

 

Das Gebäude ist in seinem baulichen Zustand sehr desolat. Eine umfangreiche Neugründung, ein Ausbessern sämtlicher Wände, der Fenster und des Daches sind dringend erforderlich. Die Bausubstanz ist nicht mehr ausreichend, um das historische Inventar vor Witterungseinfluß hinreichend zu schützen.

Insbesondere auch durch das Aufwachsen der unmittel am Gebäude stehenden mächtigen Hofeiche ist der Bestand des Gebäudes am jetzigen Standort akut gefährdet.


Inventarbeschreibung der Schmiede Laake in Spelle-Varenrode

Aufgestellt von Raquel Henkelmann und Caroline Otten, 3.4.2002

 

Wand 1 Mitte:

Eingangstür:

Holztür, um 1960, mit älteren einfachen Eisenbeschlägen aus Schmiedeeisen, mit eisernem Überwurf als Riegel, außen mit dunkler Holzschutzfarbe, innen mit weißen und blauen Farbresten lasiert.


Wand 1 rechts:

Rechts der Tür senkrechte, kastenartige Verkleidung aus Brettern für Stromzufuhr (von unten), darüber in ca. 1,80 m Höhe Stromverteilung mit Abzweigung für Lichtschalter (links), Steckdose (rechts) sowie Leitung zur Deckenleuchte (in Raummitte).

 

Holztafel, grau gestrichen, mit Halterungen für Werkzeug (leer).

 

Vierbeiniger Arbeitstisch aus starken Holzbohlen, links unten Halterung für Schalenmeißel,

rechts auf dem Tisch befindet sich eine eiserne Bohrvorrichtung. Unter dem Tisch sind vier Ablagefächer ohne Böden angebracht.

 

Mittig vor dem Arbeitstisch steht ein Ständer des Fachwerkgerüstes, dessen Holznägel als Werkzeughalterungen dienen. Zur Raummitte hin ist dieser Holzständer rot gefärbt. In ca. 1 m Höhe ist eine Eisenstange angebracht, die in Richtung Tür in den Raum hereinragt. (Die Funktion dieser Stange konnte auch von mehreren hinzugezogenen Schmieden bislang nicht erklärt werden).

 

Rechts neben der Holztafel und über dem Arbeitstisch in ca. 1,50 m Höhe ist ein sechsteiliges hölzernen Sprossenfenster (drei breit, zwei hoch) mit einfacher Verglasung angebracht. Weiße Farbreste sind zu erkennen.

 

Rechts neben dem Fenster in ca. 1 m Höhe befindet sich eine hölzerne Luke von ca. 1 m Höhe, sie ist nach außen zu öffnen und ermöglicht so die Bearbeitung sehr langer Eisengegenstände an den Schraubstöcken und an der Bohrmaschine. Außen wird die Luke von zwei ausgedornten Eisenscharnieren mit ausgetriebener Spitze gehalten.

 

 

Wand 2

An Wand 2 steht eine 3,80 m lange und 0,70 m hohe fünfbeinige (links ein großes Bein) Werkbank. Die Werkbank ist aus dicken Holzbohlen gefertigt

Links auf der Werkbank steht eine Bohrmaschine mit Handkurbel-Fliehkraftantrieb, automatischem Vorschub und vorgelagertem Schraubstock zum Halten der zu durchbohrenden Gegenstände. Das Schwungrad der Bohrvorrichtung wird von einem in der Wand befestigten Eisenband gehalten

Zwischen dem linken und den mittleren Beinen befinden sich unter der Werkbank drei hölzerne Schubkästen (der mittlere fehlt).

Im Boden unter der Bohrmaschine ist ein 0,70 m langes und 0,30 breites Loch für größere zu bohrende Werkstücke in den Boden eingelassen. Diese Loch ist mit einem herausnehmbaren Holzbrett verschlossen.

Rechts von den mittleren Beinen ist auf der Werkbank ein eiserner, verschiebbarer Schraubstock befestigt. Der Schraubstock wird unten von einem Eisenband gehalten, das an einem Querbalken der Werkbank befestigt ist. Das untere Ende des Eisenbandes ragt in den Boden

Mittig unter der rechten Hälfte der Werkbank ist ein ca. 0,10 m breites Schubkästchen für Gewindeschneider angebracht.

Eine Handbreit rechts vom rechten Bein ist ein eiserner Schraubstock auf der Werkbank befestigt. Unter der Werkbank wird er von einem Eisenband stabilisiert, das am rechten vorderen Bein der Werkbank befestigt ist.

Der Estrichfußboden vor der Werkbank ist in der Mitte und rechts stark ausgetreten.

 

Auf der gesamten Länge erstrecken sich oberhalb der Werkbank drei Fenster. Es sind einfach verglaste, hölzerne Sprossenfenster. Das linke und das mittlere Fenster sind sechsteilig, das rechte Fenster ist nur vierteilig. Vor dem linken und dem rechten Fenster befindet sich eine hölzerne Ablagemöglichkeit.

In den Holzständern zwischen und neben den Fenstern sind eiserne und hölzerne Werkzeughalterungen angebracht.

 

Rechts von der Werkbank in 0,90 m Höhe sind zwei 1,60 m weit voneinander entfernte Eisenhalterungen in die Wand eingelassen.

 

 

Wand 3

Im linken Drittel von Wand 3 befindet sich in 1,30 m Höhe ein zweiteiliges, einfach verglastes, hölzernes Sprossenfenster.

Rechts neben dem Fenster an einem Holzständer der Fachwerkkonstruktion, der im Raum steht, ist eine Schleifanlage mit drei Schleifsteinen befestigt.

Der größte Schleifstein steht parallel zu Wand 3. Er ist auf einer hölzernen, vierbeinigen Haltekonstruktion, die aus dicken Holzbohlen besteht, angebracht. Auf dieser Haltekonstruktion liegt ein Abrichter für Schleifsteine. Der Schleifstein wird von einer eisernen Achse gehalten, die zum Drehen erforderliche, zur Wand hin angebrachte Kurbel fehlt.

In den Raum hinein ragen zwei kleinere, auf einer eisernen Achse angebrachte Schleifsteine. Sie sind mit Eisenstreben am Stützbalken befestigt. Die beiden Schleifsteine sind durch eine Achse verbunden. Hierauf läuft mittig ein lederner Antriebriemen, der aus vier einzelnen Lederstück mit Metallklammern zu einem Riemen zusammengefügt ist. Er verbindet die Achse mit einem Elektromotor.

Der Elektromotor ist mit vier Eisenschrauben 0,90 m oberhalb der Schleifsteine auf einer Eisenplatte befestigt. Diese Eisenplatte ist mit zwei Eisenträgern verbunden, die an dem Holzständer angebracht sind. Ein Stromkabel führt vom Elektromotor Richtung Wand 3 und ist mit einem Stromschalter verbunden. Oberhalb des Schalters befinden sich zwei eiserne Werkzeughalter.

 

In der Mitte von Wand 3 ist ein 0,85 m breites und 0,80 m hohes Fensterloch zu erkennen, der frühere Fensterrahmen fehlt. Der Verputz an Wand 3 ist bis zu diesem Fensterloch komplett erhalten

 

Rechts neben dem Fensterloch befindet sich eine 0,50 m hohe und 0,60 m breite hölzerne, nach außen zu öffnende Luke, die außen über zwei ausgedornte, verzierte Eisenbeschlage verfügt.

 

Direkt über der Luke ist vierteiliges, einfach verglastes, hölzernes, nach außen zu öffnendes, (0,50 m hohes und 0,40 m breites) Sprossenfenster installiert. Außen sind an diesem Fenster vier Winkelbeschläge angebracht, zwei davon dienen als Scharniere.

 

Rechts unter der Luke befindet sich im Boden ein 0,40 m breites und 1,20 m langes, ummauertes Loch für Kühlwasser zum Abschrecken geschmiedeter Eisengegenstände.

 

 

Wand 4

Etwas links der Mitte von Wand 4 ragt eine Trennwand 1,40 m weit in den Raum hinein, die Trennwand wird von einem senkrechten Eichenkantholz abgeschlossen.

Links an der Trennwand ist ein elektrischer Antrieb für ein Gebläse befestigt.

Das Stromkabel des Antriebs führt an dem Kantholz entlang zur Decke und an der Decke zur linken Seite von Wand 1 (von innen gesehen), dort befindet sich die Stromverteilung.

 

Rechts an der Trennwand ist die 0,70 m hohe, 1,70 m breite und 1,60 m tiefe Schmiedeesse aus Ziegelsteinen gemauert. Die Rechte Ecke der Feuerstelle ist abgeschrägt.

In der Mitte der Esse befindet sich ein 0,20 m hohes und 0,25 m breites Loch, durch das die Schlacke nach draußen geschoben werden kann.

 

Auf der Esse liegt eine kleine, geschmiedete Kohlenschaufel, mit der der Schmiedekohle auf der Esse zurechtgelegt wurde. Dieses Gerät ist stark verrostet.

 

Über der Esse sind die Reste eines Rauchfangs aus Eisenblech sowie die Reste der Halterung des früheren handbetriebenen Blasebalges erkennbar.

 

Auf der rechten Seite der Schmiedeesse liegen die zahlreichen Lötkolben zum Flicken von Töpfen.

 

Rechts von der Feuerstelle befindet sich ein 0,90 m hohes, 1 m breites und vom Fußboden 1,20 m hohes Fensterloch. Der Fensterrahmen fehlt

 

Rechts neben der Esse unter diesem Fenster stand früher ein großer, rundlicher Holzklotz mit einem der beiden Ambosse. (Dieser Holzklotz steht jetzt ohne Amboss mitten in der Schmiede, der Amboss steht rechts auf dem Fußboden neben der Esse).

 

 

Wand 1 links:

An Wand 1 ist eine dreiteilige Hängekonstruktion für diverse Werkzeuge angebracht. Insbesondere waren hier früher die Hufeisen aufgehängt, die auf der Esse erhitzt und vor der Außentür auf die Hufe der Pferde geschlagen wurden.

 

Rechts neben der Hängekonstruktion befindet sich an Wand 1 eine Stromleitung mit Verteilerdose. Die Stromleitung ist mit einem Eisenrohr ummantelt. Diese Stromleitung führt zu dem elektischen Gebläse links neben der Esse.

 

 

Mittelfläche

Vor der Feuerstelle steht ein rechteckiger Holzklotz, auf dem ein eiserner Ambos befestigt ist. Die Spitze des Ambosses zeigt in den Raum hinein

Auf dem Ambos und dem Holzklotz liegen verschiedene Schmiedewerkzeuge wie Hammer, Abschroter usw., die offenbar an diesem Amboss benutzt wurden.

 

In der Raummittel hängt unter der Decke eine elektrische Glühlampe mit einfachem Lampenschirm.

 

 

Außenbereich

Rechts neben der Eingangstür ist ein beweglicher schmiedeeiserner Ring in die Wand eingelassen, an dem die Pferde beim Beschlagen angebunden wurden.

 

Vor dem Nordgiebel steht eine industriell gefertigte eiserne Walze für Wagenbänder mit Kurbelantrieb und Zahnradübersetzung.

 


Aufmaßzeichnungen alte Schmiede Laake, Varenrode

 

 

Maßstab für alle Zeichnungen:  1 : 50    (2 cm = 1 m in Original)

 

 

Nordgiebel, Zustand 2002

 

Westseite, Zustand 2002

 

Südgiebel, Zustand 2002

 

Ostseite, Zustand 2002

 

Grundriß, Zustand 2002

 

Querschnitt, Zustand 2002

 

Längsschnitt, Zustand 2002

 

 

Nordgiebel, Zustand vor 1900

 

Ostseite, Zustand vor 1900